10.08.2016

Projektlaufzeit

01.06.2006 - 31.05.2008

Projektart

Interdisziplinäres Projekt

Projektstatus

Geschlossen

Kurzbeschreibung

Netzwerk zur interdisziplinären Kulturguterhaltung in Deutschland (N.i.Ke.). Fragmente der Schriftrollen vom Toten Meer Rollen wurden mit unterschiedlichen materialwissenschaftlichen Verfahren untersucht, um die Bestandteile der Tuschen und Pergamente der Fragmente zu charakterisieren.

Ort

Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
Unter den Eichen 87
12205 Berlin

Fragment einer Qumran-Rolle

3D-Röntgenfluoreszenzanalyse von Teilen einer Qumran-Rolle aus Israel

Quelle: BAM

Die Schriftrollen vom Toten Meer

Die Schriftrollen vom Toten Meer gehören sicherlich zu den bedeutendsten Kulturgütern der Menschheit. Die Bewahrung, aber auch die Erforschung dieses kulturellen Erbes ist und bleibt ein besonderes Anliegen.

Die ersten 7 Pergamentrollen, die heute als Qumran-Rollen oder als Rollen vom Toten Meer bezeichnet werden, wurden 1947 von Beduinen aus dem Stamm der Tamireh entdeckt. Bald darauf erkannten die Gelehrten aus dem Amerikanischen Institut für Orientalische Forschung (heute Albright Institut) und der Hebräischen Universität in Jerusalem das hohe Alter und die potentielle Wichtigkeit der Schriften. In den darauffolgenden 10 Jahren entdeckten Beduinen und Archäologen in den Höhlen entlang der Küste des Toten Meeres die Reste von etwa 900 Manuskripten und Briefen. Die spannende Geschichte der Entdeckung, der heimlichen und offiziellen Ausgrabungen, des Kaufs und Verkaufs der Fragmente, füllt inzwischen viele Seiten. Eine einheitliche Darstellung gibt es jedoch noch nicht.

Bei der Sammlung handelt es sich meistens um biblische und biblisch bezogene Texte in hebräischer Sprache, die in der Zeitspanne zwischen dem 3. Jahrhundert vor Christi und dem Jahr 68 unserer Zeit hergestellt wurden. Darüber hinaus gibt es Texte in Aramäisch und Griechisch.

Schon in den 50er Jahren beteiligten sich Naturwissenschaftler an der Seite von Gelehrten an der Erforschung der Rollen. Zu dieser Zeit fand die erste umfangreiche Studie des Rollenmaterials statt. Es wurde gezeigt, dass die meisten Fragmente nicht auf Leder, sondern Pergament geschrieben wurden. Darüber hinaus entwickelte man eine Pergamentdatierungsmethode, die bis heute ihre Aktualität nicht verloren hat. In den 90er Jahren benutzte man die AMS-C14 (Accelerator Mass Spectroscopy) -Methode, um die paläographische Datierung der Manuskripte zu bestätigen oder zu widerlegen. Schon relativ bald stellte man fest, dass der überwiegende Teil der Rollen mit Rußtuschen geschrieben wurde. Es gibt jedoch Dokumente, darunter die berühmte Genesis-Apocryphon-Rolle, die ein Korrosionsbild aufweisen, der für Eisengallustinten charakteristisch ist.

Inzwischen stimmen die meisten Gelehrten und Historiker darin überein, dass die Höhlen von Qumran eine Essener-Bibliothek beherbergten. Über ihren Ursprung, sowie die Herkunft der einzelnen Schriften, wird noch immer rege debattiert.

Methoden

60 Jahre nach ihrer Entdeckung hatte es sich eine Gemeinschaft von Wissenschaftlern zur Aufgabe gemacht, die Funde von Qumran mit modernsten Methoden naturwissenschaftlich zu untersuchen. Neben neuen Erkenntnissen über die Entstehungsgeschichte der Texte werden die Ergebnisse der Untersuchungen in Konservierungskonzepte einfließen, um auch nachfolgenden Generationen den Zugang zu diesen einzigartigen Objekten zu gewähren.

In ersten Messkampagnen der BAM wurden archäometrische Voruntersuchungen an einigen Fragmenten durchgeführt. Im Rahmen dieser Vorstudie sollte evaluiert werden, in wie weit röntgenanalytische und schwingungsspektroskopische Verfahren bei Fragestellungen zur Provenienz, zur chronologischen Einordnung und zur Zuschreibung der Fragmente Antworten liefern können. Zu diesem Zweck wurden sowohl Originalfragmente als auch rekonstruierte Muster untersucht.

Ergebnisse

Die Messungen zeigten, dass der Ansatz, anorganische Spurenelemente als Marker in dem organischen Material zu analysieren, grundsätzlich richtig ist. So ist es mittels mobiler Mikro-RFA möglich, signifikante Konzentrationen charakteristischer Elemente in den Fragmenten nachzuweisen und damit deren Provenienz zu klären.

Die Interpretation der Messergebnisse wurde durch Alter und Lagerung der Objekte erschwert. Es wurde deutlich, dass die Proben durch Alterungsprozesse verändert und durch Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen sowie durch Umwelteinflüsse stark kontaminiert wurden.

Förderung

Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Partner

Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM)
Israel Museum
Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaft für Synchrotronstrahlung (BESSY)
Technische Universität Berlin (TU Berlin)

Literatur

S. H. Steckoll, “Investigations of the Inks used in Writing the Dead Sea Scrolls”, Nature 220, 91-92 (1968).

W. S. Ginell, “Report on Dead Sea Scroll Studies”, The Getty Conservation Institute (1993).

M. Broshi and Y. Nir-El, “The black ink of the Qumran scrolls”, Dead Sea Discoveries 3/2 157-167 (1996).

I. Rabin, O. Hahn, T. Wolff, B. Kanngießer, W. Malzer, and I. Mantouvalou, Non-destructive investigation of the scroll material: A composition concerning Divine providence 4Q413, Dead Sea Discoveries, 14,3, 359-364 (2007).

I. Rabin, O. Hahn, T. Wolff, A. Masic, and G. Weinberg, “On the origin of the ink of the thanksgiving scroll (IQHodayota)”, Dead Sea discoveries 16 (2009) 1, 97-106; Brill.

I. Rabin, O. Hahn, T. Wolff, E. Kindzorra, A. Masic, U. Schade, G. Weinberg, „Characterisation of the writing material of the Dead Sea Scrolls“ Qumran – Holistic Qumran - Transdisciplinary research of Qumran and the Dead Sea scrolls (2010) Chapter 9, 123-134; Brill.

A. Masic, I. Rabin, M. Ortolani, U. Schade, O. Hahn, T. Wolff, G. Weinberg, „Dead Sea Scrolls: materials characterisation by means of IR-ERS, synchrotron-based micro-FTIR spectroscopy, micro-XRF and SEM“, Cultural Heritage Research meets Practice, Reprints of the 8th European Conference on research for Protection, Conservation and Enhancement of Cultural Heritage, 11/2008, Ljubljana, Slovenia, 134-135.

I. Rabin and O. Hahn, “Dead Sea Scrolls exhibitions around the world: reasons for concern”, Restaurator, 33 (2) (2012), 101-121.

T. Wolff, I. Rabin, I. Mantouvalou, B. Kanngießer, W. Malzer, E. Kindzorra and O. Hahn, “Provenance Studies on Dead Sea Scrolls Parchment by Means of Quantitative Micro-XRF”, Analytical and Bioanalytical Chemistry 402 (2012), 1493-1503.

Weiterführende Informationen